![]() |
Maidemo in Lissabon 2013 (Troikajahr) - Screenshot YouTube |
Der
1. Mai ist der Tag des Arbeiters, zumindest hier in Südeuropa, und
es ist gleichzeitig ein Tag zum Feiern und ein Tag des Kampfes.
Während man in Nordeuropa den Tag kurzerhand zum Tag der Arbeit
umfunktioniert hat und vom „Tanz in den Mai“ bis zur Straßenschlacht der eigentliche Sinn dieses Tages
verloren gegangen ist, hat man im Süden Europas noch einen Kampftag an jedem 1. Mai.
Rui
Filipe Gutschmidt – 1. Mai 2018
Es ist
schon traurig, was teilweise aus dem Tag wurde, mit dem wir
eigentlich den Errungenschaften der Arbeiterklasse gedenken sollten
und an dem für neue Ziele gekämpft – will heißen demonstriert,
protestiert, auf die Straße gegangen – wird. Doch was sieht man in
Deutschland statt dessen? Familienausflug in die Berge, ans Meer,
Grillabend mit Freunden im Garten oder einfach nur faul auf dem Sofa
herumliegen... Ja, wer hart arbeitet hat sich das auch verdient.
Doch
wenn man sich die Sonne auf den Pelz scheinen lässt, bei einem
kühlen Blonden genüsslich dem Nichtstun frönt, macht sich da
nicht ein fader Nachgeschmack bemerkbar? Da war doch was? Beim Blick
über den eigenen Tellerrand merkt man schnell, dass die meisten
Teller leer sind. Beim Blick über den Gartenzaun sieht man, dass der
Garten des Nachbar verwildert, das Haus zerfällt. Auf den Straßen
suchen Menschen nach etwas zu Essen, suchen Pfandflaschen und, mal
mehr mal weniger versteckt, sehen wir in ein paar Decken eingehüllte
Obdachlose.
Die
Arbeitslosigkeit nimmt laut Statistik nach, doch in Wahrheit sind
viele in einem prekärem Arbeitsverhältnis, einem Teilzeitjob, oder
als Leiharbeiter ohne jegliche Absicherung tätig. Viele
Scheinselbstständige werden je nach Bedarf eingesetzt und die Löhne
waren lange nicht so niedrig wie heute. Ich Deutschland wird diese
Lage genutzt, um Arbeiter gegen Arbeiter aufzuhetzen. AfD und
ihresgleichen schimpfen auf „Wirtschaftsflüchtlinge“ und geben
ausländischen Arbeitnehmern die Schuld am Lohndumping. Dabei lenken
sie aber von den eigentlichen Problemen ab, die dazu führen, dass
Menschen ihre Heimat verlassen.
Was
Südeuropa betrifft, so wissen Italiener und Griechen am besten was
Menschen dazu treibt, sich erst unaussprechlichen Strapazen
auszusetzen, dann das Leben bei der Überfahrt zu riskieren, nur um
dann in einem griechischen oder italienischen Auffanglager zu
vegetieren. Denn gleich um die Ecke herrscht Krieg. Es sind
genaugenommen eine ganze Reihe von Kriegen, Hungersnöten, Staaten in
denen Warlords und kriminelle Banden herrschen oder despotische
Regime, die dem Großkapital jeden Wunsch von den Lippen ablesen.
Es
sind Waffen aus aller Welt dort im Einsatz, aber in diesem Fall
interessieren mich die Waffen aus Deutschland und der EU. Wir liefern
Waffen, teilweise auch Soldaten und vor allem sahen wir gerade wieder
Franzosen und Briten, die gemeinsam mit den USA Ziele in Syrien
bombardierten. Auch deutsche Industrielle, Banker, Investoren und
Spekulanten verdienen sich eine goldene Nase. Doch die „Börsianer“
in ihren Glaspalästen in Frankfurt a. M. wussten auch die "Krise" für sich zu nutzen. Was haben sie nicht geheult, von Bankenkrise,
Schuldenkrise, Eurokrise...
Sie
bekamen nebst horrenden Zinsen auch noch jede Menge griechisches,
portugiesisches, irisches und spanisches Staatseigentum „für 'n
Appel und 'n Ei“, die Löhne in den "Krisenländern" sanken,
Arbeitszeiten wurden erhöht und selbst Feiertage wurden in manchen
Ländern „wegrationalisiert“. Kein Wunder, dass die Menschen in
diesen Ländern schnell wieder den Weg zu den Plätzen und Straßen
der Innenstädte fanden, wo sie ihren Unmut lautstark herausließen.
Heute
hat Griechenland eine linke Regierung, die aber von Brüssel aus so
unter Druck gesetzt wird, dass sie nicht in der Lage ist für
Gerechtigkeit zu sorgen. In Frankreich regiert eine Art Genosse der
Bosse und Spanien... fragt nur mal die Katalanen. Also überall gibt
es mehr Gründe um am 1. Mai zu kämpfen, als zu feiern. Mit einer
Ausnahme vielleicht: Portugal. Auch Portugal hat eine Linksregierung,
wobei die Kommunisten (PCP) mit den ihnen angeschlossenen Grünen
(PEV) und der Linke Block (BE), die Minderheitsregierung der
Mittelinks-Partei (PS) von Premierminister Antonio Costa nur
parlamentarisch unterstützen.
Aber
die Portugiesen haben sich mehr erhofft. Vor allem in den letzten
Monaten hat die Regierung auf die Bremse getreten und die Jahre der Sparmaßnahmen unter der Troikaregierung machen sich ebenfalls nach
und nach bemerkbar. Auch deshalb kommt es immer wieder zu Streiks.
Krankenpfleger, Post (Privatisiert) Flughafen-Bodenpersonal, selbst
bei Autoeuropa (VW) – wo Arbeitnehmer und Arbeitgeber immer ganz
gut zurechtkamen – oder, wen wundert es, bei Ryanair. Also auch in
Portugal eher ein Kampftag.
Dies
wird auch die nächsten Jahre nicht viel anders sein, wenn der
Neoliberalismus weiterhin, einer tödlichen Krankheit gleich,
Menschen in Kriegen und Hungersnöten dahinrafft, das Elend, die
Misere, die Armut wie eine Infektion verbreitet und den Planeten Erde
mit Gier und Hass verstrahlt. So gilt es nicht nur am 1. Mai auf die
Straße zu gehen. Für die Rechte der Arbeiterklasse allein zu
demonstrieren ist längst nicht genug. Umweltverschmutzung, Krieg,
Diktaturen und heuchlerische Scheindemokratien, die Ausbeutung und
Versklavung weltweit... Es gibt 1000 gute Gründe, 1000 Forderungen
für eine bessere Gesellschaft, für eine bessere Welt zu stellen.
0 Kommentare