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Schweizer Franken in der Klemme Bild von Pixabay.com CC 0 |
„In der Schweiz sind die Straßen sind aus Schokolade, es gibt Häuser aus Käse und die Heidi lebt mit dem Ziegen-Peter glücklich auf der Alm...“. Es gibt viele Klischees über die Schweiz, doch das Land der Luxusuhren und der Banken ist NICHT dafür bekannt Armut zu tolerieren. Klischees haben aber mit der Realität nicht viel zu tun.
Eveline Siegenthaler & Rui Filipe Gutschmidt - 8. Mai 2018
Eveline
Siegenthaler bemüht sich darum, denen zu helfen, die es eigentlich
gar nicht geben sollte, Armutbetroffene in der Schweiz. Es gibt Armut
in allen Ländern der Erde, auch wenn manche das nicht wahrhaben
wollen.
Über
die Lage in der Schweiz hat Eveline Folgendes zu berichten:
Auch wenn aufgrund des Imports der neoliberalen Ideologie aus den USA und der EU immer mehr Unternehmen einen Radikalkapitalismus betreiben, den es noch vor gut zehn Jahren in der Schweiz noch nicht gab, und deren Lobbys im Parlament Gesetze puschen, die die Ärmsten treffen, ist Armut hierzulande immer noch ein Minderheitenproblem.
Das
aktuelle Hauptproblem: Angestellte über 50 werden „auf
Amerikanisch“ zum Chef zitiert und können gleich ihren Spind
räumen. Ersetzt werden sie durch Junge oder Immigranten.
Was
bewirken die neuen Gesetze der neoliberalen Lobbys, welche letzten
Endes den Sozialstaat eliminieren wollen?
Invalide
werden von der Invalidenversicherung wiederholt an die Sozialhilfe
abgeschoben.
Der Spartrick:
Sie
werden auf wundersame Weise plötzlich arbeitsfähig. Dann erhalten
sie nur noch Sozialhilfe. So heißt das Schweizer Pendant zu Hartz
IV. Aber mit Hartz IV hat es nicht viel gemein. Bezahlt wird nämlich
die Wohnungsmiete, alle ärztlichen und zahnärztlichen Behandlungen,
ambulant und im Spital, falls nötig der Umzug, sowie ein sogenannter
Grundbedarf von 986 Franken (Einzelperson) für Essen,
Telefon/Internet, Kosmetika und Anderes. Dazu gibt es noch die
Kulturlegikarte der Caritas, welche den Beziehern Anrecht auf Rabatte
für Verschiedenstes gibt...
https://www.caritas.ch/.../guenstig.../kulturlegi.html
Das
Problem der relativen Armut in der Schweiz ergibt sich durch die
Diskrepanz zwischen dem Lebensstandard der großen Mehrheit
(Mittelstand) und den Beziehern von Sozialhilfe (den finanziell
Schwächsten). Aber im Vergleich zu Hartz IV geht es ihnen noch
deutlich besser. Die Sozialhilfe ist übrigens steuerfrei.
Die
Renten wurden hier schon immer besteuert.
Das ist
nicht neu.
Wir
haben hier das Dreisäulensystem.
Säule
1 - Grundsicherung
Diese
deckt das Existenzminimum (s. Sozialhilfe) und alle altersbedingten
Gesundheitskosten plus den Aufenthalt im Altersheim. Alle erhalten
sie, ob sie gearbeitet haben oder nicht.
Säule
2 - Pensionskasse
Diese
ist dazu da, den Lebensstandard, welchen man während der Berufszeit
hatte, im Alter weiterzuführen. Er wird zusätzlich zur Säule 1
ausgezahlt und beträgt momentan 60 Prozent des früheren mittleren
Lohnes.
Das
Einzahlen in die Pensionskasse ist für alle, welche fest angestellt
sind, obligatorisch
Wer
einbezahlt hat und invalid wird, erhält dieselben Leistungen.
Säule
3 - Die freiwillige steuerabzugsfähige Vorsorge
Jeder
kann eine solche abschließen, sei es bei einer Bank oder
Versicherung. Das angesparte Kapital ist bis zum Rentenalter
steuerfrei. Danach muss es versteuert werden.
Und nun
komme ich zu einer weiteren Besonderheit der Schweiz, der direkten
Demokratie.
Diese
erlebt aufgrund der neoliberalen Tendenzen von außerhalb gerade in
diesen Tagen einen nie dagewesenen Boom. Referenden* gegen neue Spar-
und Überwachungsgesetze erhalten breiteste Unterstützung, neu auch
aus der Mittelschicht (große Mehrheit der Stimm- und
Wahlberechtigten). Diese befürchten, wegen den Verschärfungen
dereinst selbst in die Armut abzurutschen.
In der
selben Situation können die Bürger von Ländern ohne direkte
Demokratie nur eines, nämlich die Faust im Sack machen. Dies ist
auch der Grund, warum die EU gerne Schweizbashing in den sozialen
Medien betreibt.
Was,
wenn ihre Bürger plötzlich das Recht auf Initiativen und Referenden
hätten?
Die Schweiz war nie ein neoliberales Land und wird es, daran glaube ich fest, dank der direkten Demokratie nie werden. Der zweite Arbeitsmarkt zum Beispiel, der geschützte Arbeit für leistungsschwächere Bürger bietet und dafür vom Staat betrieben wird, ist eine lupenrein sozialistische Lösung, seit mehr als 20 Jahren.
Die
Aktion IG Integration Jetzt Basel (gegründet 1997) setzt sich in den
letzten zwei Jahren folgerichtig für Armutsbetroffene ein, die Opfer
dieser neuen Gesetze sind. Die sogenannten neuen Obdachlosen gehören
auch dazu. Sie müssen unter der Immobilienspekulation leiden.
Mehrfamilienhäuser mit günstigen Wohnungen werden saniert, die
Mieter müssen raus und finden keine bezahlbare Wohnung mehr, weil
viele Sozialhilfebezieher in die großen Städte ziehen.
Die
entsprechende kantonale Volksinitiative „Recht auf Wohnen“** in
Basel kam in diesem Frühling in Windeseile zusammen. Sie verlangt,
dass die Kantonsregierung zahlbaren Wohnraum für alle zur Verfügung
stellen muss. Am 10. Juni stimmen wir darüber ab. Lautet das
Resultat Ja, wird es so gemacht.
Zur
Hauptsache entwickelt und realisiert die IG Projekte, welche die
Qualität der Versorgung aller sozial Benachteiligten
weiterentwickeln, im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe. Spenden und
Subventionen nehmen wir keine an. Alles wird von den Betroffenen und
Freiwilligen erarbeitet und genutzt.
Dies
ist die Website zur IG Integration Jetzt Basel...
www.integration-jetzt.org
Und dies ist ihre wichtigste Facebookpräsenz...
www.facebook.com/ArmutsbetroffeneSchweiz
Hier
ist der Link zu den Preisen in der Migros...
https://www.migros.ch/de/genossenschaften/migros-basel.html
Die
Migros ist heutzutage für den Mittelstand. Für die Armen und alle
Sparfüchse betreibt sie den Denner...
https://www.denner.ch/de/
Bei
Aldi und Lidl sind die Preise so wie in Portugal oder Deutschland.
Fazit(RFG):
Also
keine „Strassen aus Schokolade“ und auch nicht lauter Banker mit
dem berühmten „Schweizer Nummernkonto“. Es ist eine Realität,
die von einer globalen Neoliberalisierung verstärkt Einzug halten
konnte. Doch die Besonderheiten der eidgenössischen Demokratie
dürften hier das Rezept gegen die Unmenschlichkeit sein. Andere
müssen ihren eigenen Weg finden...
*)
Aktuellstes
Beispiel...
**)
Kantonale
Volksinitiative „Recht auf Wohnen“
http://www.recht-auf-wohnen.ch
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